BNP Paribas ist die größte Bank der Eurozone. Wir haben in Deutschland eine Größe und Markttiefe erreicht, die der einer lokalen Bank gleichkommt. Wir sind in Deutschland fest verankert, und gerade mittelständische Unternehmerfamilien finden bei uns eine starke Übereinstimmung zwischen ihren Bedürfnissen und unserem Angebot – international, innovativ und an langfristigen Geschäftsbeziehungen interessiert.
Auch im Wealth Management?
Arends: Das Wealth Management schließt eine Lücke in unserem Angebot für den deutschen Markt. Wir bieten einen starken europäischen Fokus, was für mittelständische Unternehmer ein wichtiger Markt ist. BNP Paribas ist aus meiner Sicht die optimale Alternative, die man wählen kann. Es gibt nicht viele Banken, die die Reichweite und Tiefe in die anderen europäischen Länder vorweisen können, in denen wir häufig unter den Top 5 der Banken sind. Das wollen wir im Privatbankensegment auch in Deutschland erreichen und ich sehe uns auf einem guten Weg dorthin. Im vergangenen Jahr konnten wir ein Kundenwachstum von 25 Prozent verbuchen.
Im Jahr 2019 hatte BNP Paribas verkündet, bis 2024 150 Mitarbeiter im Wealth Management einzustellen. Wie nahe sind Sie diesem ambitionierten Ziel gekommen?
Arends: Die Betreuungsintensität ist inzwischen eine andere. Wir haben unseren Wachstumskurs insofern korrigiert, dass wir nicht mehr so viele Kundenberater einstellen mussten, sondern uns auf die Betreuung komplexer Vermögen konzentriert haben. Dementsprechend haben wir das Geschäftsmodell adjustiert, hin zu größeren und komplexeren Kunden. Wir haben aktuell 85 Vollzeitbeschäftigte im Wealth Management, sowohl Berater als auch weiteres Personal. Die 150 Beschäftigten waren mal ein Ziel für die Mitarbeiterzahl insgesamt.
Die heute keinen Bestand mehr hat?
Arends: Wir arbeiten konzernintern eng verzahnt mit den anderen Bereichen zusammen, um für unsere Kunden die besten Lösungen zu erarbeiten. Unsere Produktstruktur haben wir den Marktbedingungen angepasst, um den Bedarf unserer Zielgruppe zu decken. So arbeiten beispielsweise mehr Mitarbeitende im Kreditgeschäft, weil sich dieser Bereich besser entwickelt hat. Dafür benötigen wir heute weniger Berater im Wertpapiergeschäft als zu Anfang gedacht. Aber klar ist auch: Wenn wir wieder um 25 Prozent wachsen, werden wir auch mehr Berater einstellen.
BNP Paribas hat kürzlich die regionale Struktur im Wealth Management in Deutschland verändert. Warum?
Arends: Wir sind ursprünglich von einem stärkeren Wachstum ausgegangen, sowohl was Mitarbeitende, aber auch Kunden betrifft. Dementsprechend haben wir die Führungsspanne angepasst und verschlankt, um nicht zu kopflastig zu sein.
Ketzerisch könnte man auch sagen: Sie haben die quantitativen Ziele nicht erreicht. Haben Sie sich mehr erhofft?
Arends: Natürlich erhofft man sich persönlich immer mehr, aber realistisch muss man sich die Marktbedingungen anschauen. Im Wealth Management lagen wir vom Volumen her bis Ende 2022 gut im Plan, ertragstechnisch waren wir etwas dahinter. Im vergangenen Jahr hatten die Zinsen dann drastische Auswirkungen auf die Kunden, dass konnte man so nicht vorhersehen. Und bereits vorher hatte der gesamte Markt mit Corona, Krieg und Lieferkettenproblemen drei Schwierigkeiten zu bewältigen.
„Zu unserem Kundenstamm zählen 20 Prozent der 200 vermögendsten Familien sowie ein erheblicher Teil der 30 größten Milliardärsfamilien der Bundesrepublik“
Aber die Strategie von BNP Paribas Wealth Management steht. Unser Ziel ist es nicht, Pläne zu erfüllen, sondern die Bedürfnisse unserer Kunden zu erfüllen und strategisch im deutschen Markt die Privatbank wachsen zu lassen. Bei der Vermögensverwaltung spielt Deutschland eine strategische Rolle, dies hat auch unser globaler Chef Vincent Lecomte kürzlich noch einmal in einem Interview betont. Mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 17 Milliarden Euro gehören wir inzwischen zu den Top Ten der Privatbanken in Deutschland, und zu unserem Kundenstamm zählen 20 Prozent der 200 vermögendsten Familien sowie ein erheblicher Teil der 30 größten Milliardärsfamilien der Bundesrepublik.
Im Private Banking hat BNP eine funktionierende Plattform, im Wealth Management haperte es jedoch. Hätte man das anders lösen können?
Arends: Das lässt sich im Nachhinein immer anders beurteilen als vorher, insofern: Ja und Nein. Dass unsere Plattform funktioniert, zeigt unsere Wachstumsstory. Allerdings hätten wir heute technisch, was die Systemintegration angeht, sicherlich andere Lösungen als noch vor einigen Jahren. Wenn ich heute frei wählen könnte, würde ich vielleicht auch gar keine Plattform mit einer eigenen Bankabwicklung dahinter suchen, sondern eher eine Konsolidierungsplattform, und unter diese die einzelnen Elemente stellen.
Wir haben uns bewusst für eine Zwei-Plattform-Strategie entschieden, um im Wealth Management auch Kreditgeschäft oder komplex strukturierte Produkte anbieten zu können. Die bestehende Consors-Plattform ist voll digital und „state of the art“ im Wertpapiergeschäft. Daher fiel diese Entscheidung. Sie ist bestimmt nicht perfekt, aber diese Thematik beschäftigt ja viele Banken.
Warum hat BNP überhaupt die Bereiche Private Banking und Wealth Management getrennt?
Arends: Wir haben im Wealth Management einen anderen Schwerpunkt als die Kollegen aus dem Private Banking. Dort liegt der Fokus auf digital-affinen Zielgruppen, also wertpapierorientierte Anleger, die wir bei der Vermögensverwaltung und mit Vermögensberatung unterstützen. Im Wealth Management liegt unser Schwerpunkt auf Unternehmer und deren Familien, mit meist komplexen Vermögenssituationen. Für die bieten wir individuelle Lösungen und den Zugang zu internationalen Plattformen an.
„Ein Vermögen von 100 Millionen Euro kann ganz einfache Ansprüche haben und ein Vermögen von 10 Millionen Euro dafür sehr komplex sein“
Das heißt auch, dass wir Kunden, die zu uns kommen und ein selbstgesteuertes Depot haben möchten, gerne zu unseren Kollegen auf der Consors-Plattform verweisen. Wir wollen den Kunden einen möglichst breiten Zugang zu unseren Services bieten und nicht nur Vermögensverwaltung und Beratungsgeschäft machen. Sondern wir wollen generell einen Zugang zur BNP Paribas ermöglichen. Ich bin zudem kein Freund der starren betragsorientierten Kundensegmentierung. Ein Vermögen von 100 Millionen Euro kann ganz einfache Ansprüche haben und ein Vermögen von 10 Millionen Euro dafür sehr komplex sein.
Wie läuft es dann eigentlich zwischen den Geschäftsfeldern, wenn es um Gebühren und Einkommen geht? Da fahren Großbanken teils unterschiedliche Kurse.
Arends: Wir haben von Anfang an beschlossen, uns nicht mit internen Verrechnungen und komplexen Modellen zu beschäftigen. Aus meiner Erfahrung funktioniert keines davon. Wichtig ist die Kundensicht, bei uns Pilot View genannt. Dort bilden wir ab, wie viel Geschäft die Bank insgesamt mit einem Kunden macht. Das ist aber keine Basis, wie ich Kundenberater bezahle, sondern eine Betrachtung, wie wichtig der Kunde für uns ist.
Im Wealth Management arbeiten wir ähnlich. Wenn wir Geschäft in eine andere Einheit abgeben, beziehen wir dies in unsere Jahresendbewertung mit ein. Wir preisen institutionelle Margen, die Asset Manager erhalten das Geld und wir schauen auf den Pilot View. Wir haben uns von vielen klassischen Modellen gelöst, so gibt es bei uns im Wealth Management auch keine Einzel-, sondern Teamziele. Dadurch nehmen wir Egoismen raus. Wichtig ist für uns, wie die Bank den Kunden Mehrwerte liefern kann. Dann kommt das Wealth Management früher oder später automatisch hinzu.
Welche Ziele verfolgen Sie für die Zukunft?
Arends: Gemeinsam mit dem Private Banking wollen wir unter die Top 5 im Wealth Management Deutschland kommen. Wobei es dabei nicht so sehr um das reine Volumenwachstum geht, sondern qualitativ mit unseren Kunden zu wachsen. Gerade die letzten Jahre haben uns gezeigt, dass man flexibel bleiben muss. Wir sind auf jeden Fall noch nicht an unserer Wachstumsgrenze.
Über den Interviewten
Michael Arends ist seit 2018 Deutschlandchef des BNP Paribas Wealth Managements. Zuvor war er Vorstandsmitglied der Bethmann Bank, zuständig für das Kundenressort. Weitere Stationen seiner Karriere sind etwa die UBS, Goldman Sachs, die Landesbank Baden-Württemberg und die Dresdner Bank